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Kommentar: „Auf das eHealth-Gesetz zu warten, lohnt sich nicht.“

Als mittelständisches Software-Unternehmen gestalten wir mit unseren Innovationen die Medizin-IT. Dafür sind politische Rahmenbedingungen sicherlich wichtig. Doch wer vorne mit dabei sein will, kann es sich nicht leisten, abzuwarten. Ein Kommentar von Digithurst Gründer und Geschäftsführer Rainer Kasan.

Aus der vor kurzem veröffentlichten BITKOM Studie „d!conomy Die nächste Stufe der Digitalisierung“ geht zwar hervor, dass viele Unternehmen selbst in die Digitalisierung investieren, aber trotzdem wünschen sich immerhin 64 Prozent, dass die deutsche Politik die Digitalisierung stärker fördere. Doch es gibt noch viele staatliche Hürden wie z.B. den schleichenden Netzausbau. Das haben wir mit Digithurst und unserem Schwesterunternehmen Telepaxx am gemeinsamen Firmenstandort vor einigen Jahren selbst erfahren. Unsere Lösung: Wir ließen auf eigene Kosten eine 3,5 km lange und 600 MBit schnelle Glasfaserleitung zu unserem Hauptrechenzentrum legen. Auch mit unserer neuesten Innovation – der webbasierten Kommunikationsplattform HealthDataSpace zum sicheren Medizindatenaustausch – werden wir selbst aktiv anstatt uns zurückzulehnen und erst einmal abzuwarten. Trotzdem habe ich mir den Entwurf für das geplante eHealth-Gesetz einmal genauer angeschaut.

Digitalisierung-Bitkom-Studie      

Was steht drin im eHealth-Gesetzesentwurf?

Telemedizin und eHealth sollen zum festen Bestandteil der Gesundheitsversorgung in Deutschland werden. In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) mit dem Titel „Digitalisierung braucht Ergebnisse – jetzt!“ schreibt Bundesgesundheitsminister Gröhe „Vernetzung, Telemedizin, neue Therapien und Datenschutz – das ist die digitale Revolution im Gesundheitswesen.“ Dazu braucht es meiner Meinung nach klare und einfach umsetzbare Regelungen, welche die Interessen aller Beteiligten zusammenbringen und dadurch allen nutzen. Das schließt vor allem Patienten, Ärzte und andere Healthcare Professionals sowie Kostenträger mit ein.

Was bietet das eHealth-Gesetz?

Für mich handelt es sich dabei um allgemein gehaltene „Kann-Bestimmungen“, welche die gescheiterte Einführung einer innovativen Telematik-Infrastruktur (TI) mit der eGK (elektronische Gesundheitskarte) nachholen sollen, ohne aber auch nur ansatzweise zu verraten „wie“. Vor allem die wichtige Frage nach der Integration von Medizindaten aus den verschiedenen Informationssystemen bleibt, wie ich finde, komplett unbeantwortet. Was hat eHealth mit der Einführung eines Medikamentationsplans zu tun, wenn dieser zuvor auf Papier geschehen soll? Beim vorliegenden Referentenentwurf zum geplanten eHealth-Gesetz frage ich mich allerdings, ob die Anforderungen von morgen mit einem Konzept von gestern (TI, eGK) erfüllt werden können.

Was erwarten Patienten heute?

Patienten wollen auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen, und zwar überall – egal wo sie sind. Das betrifft vor allem Menschen, die grenznah wohnen oder sich im Ausland behandeln lassen möchten und dazu dem ausländischen Arzt ihre Patientendaten zukommen lassen wollen. Schließlich reisen die Deutschen viel und würden gerne von der Paitentenmobilitätsrichtlinie Gebrauch machen. Nur leider reisen ihre Medizindaten nicht mit ihnen. Besonders vor medizinischen Eingriffen benötigen Patienten ihre Röntgenbilder etc., um diese selbst mit Ärzten zu teilen und somit leicht ihrem Recht auf eine Zweitmeinung nachzukommen. Um all dies umzusetzen, benötigen Patienten ihre Gesundheitsdaten in einer eHealth-konformen Art und Weise so wie es ihnen laut Patientenrechtegesetz zusteht. Noch dazu will jeder Patient sicher sein, dass seine medizinischen Daten geschützt sind. Doch wie kann er das, wenn eine Blackbox-Kommunikation der TI zugrunde liegt?

Was erwarten Healthcare Professionals heute?

Ärzte und andere Fachkräfte im Gesundheitswesen wollen klare finanzielle Regelungen bzw. Vorgaben und Termine für die Umsetzung von eHealth-Dienstleistungen sowie mittelfristig verlässliche Plangrößen, auch finanzielle. Sie benötigen datenschutzkonforme und damit rechtssichere Lösungen, die sicherstellen, dass das Patientengeheimnis gewahrt ist. Das erfordert Transparenz über den Einsatz kryptografischer Verfahren. Doch was sich Healthcare Professionals meiner Erfahrung nach am meisten wünschen, sind Lösungen zum einfachen Datenaustausch zwischen Ärzten und Patienten. Darüber hinaus werden auch angemessene Regeln für die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten im Internet benötigt. Denn diese Art der Kommunikation wird zunehmend wichtiger.

Und was erwarten die Kostenträger?

Natürlich möchten sie Kosteneinsparungen, daher verstehen Kostenträger auch nicht, warum der elektronische Arztbriefversand jetzt zusätzlich vergütet werden soll, obwohl dadurch die aufwendige Papierform eingespart wird.

Mein Fazit zum Referentenentwurf für das geplante eHealth-Gesetz:

Der Entwurf hat mich enttäuscht, weil er nicht konkret genug ist, wenn es um die Frage der Umsetzung geht. Und weil er schon jetzt nicht mehr zeitgemäß ist. Höchst fraglich bleibt, ob die Gematik der ihr zugewiesenen Expertenrolle gerecht werden kann. Jedenfalls hat sie das in den zurückliegenden zehn Jahren definitiv nicht gezeigt.

 

Foto: ©photodune.net / racorn